Die Ungewissheit ist der ständige Begleiter der Organisation. Niemand kann in die Zukunft sehen, ein „Einfach weiter so wie bisher“ ist in der Komplexität nicht zielführend. Was sollten Organisationen über sich wissen, damit sie gut mit Unsicherheit umgehen können? Im Gespräch mit Herbert Schober-Ehmer reden wir über die Ambivalenz, als Organisation berechenbar sein zu wollen und trotzdem nur auf Sicht fahren zu können.
Herbert Schober-Ehmer ist Organisationsberater, Executive-Coach, Sparringspartner, Autor, Lehrer Geschäftsführender Gesellschafter der Redmont GmbH, Wien.
Einige Schwerpunkte seiner Arbeit sind die Koppelung von Strategie – Organisation – Leadership, Smart Management, Transformationsprozesse, die Dynamik in Familienunternehmen und Beratung von Beratungsunternehmen und Berater:innen.
Er sagt über sich selber: „Die Freude am Entdecken neuer Möglichkeiten beginnt, wenn ich Ungewissheiten als Chance zulasse.
Das ist meine Erfahrung im Leben und als Berater, die ich gerne und mit Leidenschaft teile. Unterschiedliche Perspektiven und die Frage, wie hängen Dinge und Ereignisse zusammen haben mich sehr früh fasziniert. Heute nenne ich das meinen interdisziplinären Zugang zur Welt und für das kreieren innovativer Organisationen und sinnorientierter Führungskonzepte.
Mit der Kunst des Sowohl-als-auch gelingt das Balancieren von verändern und bewahren, von temporeicher Entwicklung und klugem Innehalten, von kurzfristigem Erfolg und sinnorientierter Nachhaltigkeit.“
Weiterführende Links
https://www.linkedin.com/in/herbert-schober-ehmer-24188288/
Für Eilige: Einige Insights aus dem Podcast.
Grundannahmen über die Funktionsweise von Organisationen
Organisationen sind komplex und funktionieren nicht nur linear-mechanistisch wie ein Getriebe. Was man erlebt, ist z.B. auch „Sand im Getriebe“. Der Sand ist das, was nicht berechenbar ist..
Das ist natürlich insofern herausfordernd, als dass Organisationen von der Grundidee berechenbar sein wollen. So kann man sich ausrichten und Versprechen über Produkt oder Angebot geben. Zentral ist dabei aber das Verständnis, dass man es mit Ungewissheit zu tun hat.
Unberechenbarkeit heißt, dass man die Zukunft nicht voraussagen kann. Ob eine Entscheidung richtig oder falsch war, weiß man immer erst hinterher.
Wie bewegt man sich da?
Man muss mit Annahmen operieren – die können falsch sein. Manche Einschätzungen lassen sich mit Expertise z.T. besser erklären. Aber sie sind auch nicht immer richtig. Für Organisationen bedeutet das, dass man, wenn man nicht ständig die aktuelle Situation beobachtet und die Planung dementsprechend anpasst, man in die Überraschung kommen kann.
Man beobachtet anders, wenn man sich auf die Ungewissheit einlässt.
Das Wissen um das Nichtwissen führt zu anderem Verhalten. Man bleibt so in der wachen Beobachtung und Achtsamkeit. Das ermöglicht andere neue Entscheidung.
Wachsam sein und hinterfragen
Wache Präsenz heißt auch, sich gegenseitig zu befragen – was machst du da gerade? Und warum ist das gerade gut? Fragen laden in positiver Formulierung ein, nochmal nachzufragen und auch sich und die eigene Entscheidung zu hinterfragen, um so zu intelligenten Entscheidungen zu kommen
Eine gängige Praxis im Management?
Wenn die Planungen und Annahmen sich im Nachhinein als richtig erweisen, dann könnte man doch auch sagen, „das wusste ich vorher“?
Wenn man so denkt, scheitert man öfter. Wenn man nicht ständig die aktuelle Situation beobachtet und die Planung nicht angepasst wird, dann kann man in die Überraschung kommen. Man beobachtet anders, wenn man sich auf die Ungewissheit einlässt.
Zum Ungewissen kommen wir über das Thema „Entscheiden“. Entscheidungen sind immer paradox: Man muss sich entscheiden, obwohl man es nicht kann…
In bestimmten Kontexten haben wir Gewissheiten. Das sind ableitbare Entscheidungen (es gibt Prämissen, Kausalitäten). Auf der anderen Seite sind die unentscheidbaren Entscheidungen, wo die Prämissen erst abgeleitet werden müssen.
Und auch die Entscheidungsprämissen sind Vergangenheit und die Zukunft lässt sich damit nicht exakt berechnen. Im Sinne einer hilfreichen Entscheidung muss man sich regelmäßig die Frage stellen „stimmen unsere Prämissen noch?“ und wenn man Abweichungen wahrnimmt, auf diese zu reagieren.
Unsicherheitsabsorption: Es gibt eine Sehnsucht, dass Gewissheit hergestellt wird.
Es werden Schlussfolgerungen gezogen und dann ist die Unsicherheit absorbiert. Solche Beruhigungsmechanismen sind etwa:
- Die Behauptung, man hat das Problem im Griff.
- Eine vermeintliche Kausalität wird mit gewisser Berechtigung in die Entscheidung hinein konstruiert.
- Regression auf Vergangenheit: es ist doch immer gelungen.
- Personenvertrauen: Persönliches Vertrauen untereinander ist ebenfalls ein Element der Komplexitätsreduktion. Es entsteht Autorität durch die Zuschreibung, dass die bisher getroffenen Entscheidungen sich bewährt haben.
Es gibt für Organisationen gute Gründe, davon auszugehen, dass nichts gewiss ist. Was hilft in diese Haltung reinzukommen?
Das Denkmodell muss verankert sein. Dann kann man Entscheidungsprozesse anders gestalten: „Die Ungewissheit zur tragenden Gewissheit zu machen“: Das Denken in Konjunktiven ist hier hilfreich.
#becomebetter