Im Kreis drehen? – Warum Organisationsentwicklung alles andere als linear ist

3. Oktober 2025

Was mich als Berater bewegt
In vielen Lehrbüchern wird Organisationsentwicklung linear gedacht und in Grafiken visualisiert: Schritt eins, Schritt zwei, Schritt drei. Doch so verlaufen Prozesse in der Realität selten. Sie sind dynamisch, sprunghaft, zirkulär und voller Überraschungen. Genau das macht sie lebendig – und auch herausfordernd.

In der becomebetter academy stellen wir diesen Prozess deshalb als Kreis dar: außen herum gelbe Pfeile, die den Eindruck abgetrennter Phasen vermitteln könnten. Doch eigentlich sind es keine abgeschlossenen Phasen, sondern wiederkehrende Schritte, die sich individuell gestalten – je nach Organisation, Situation und Ressourcen. Es ist sehr hilfreich, einen Auftrag zu klären, zu analysieren, Interventionen zu planen und auszuwerten. Aber dann beginnt das Ganze von Neuem – wie ein Kreislauf.

Spuren auf dem Eis
Rückblickend sehen diese Schritte aus wie die Spuren auf einer Schlittschuhbahn: für Außenstehende unverständlich, für die Beteiligten jedoch stimmig. Manche Drehung gelingt elegant, manchmal stolpert man – wichtig ist, dass man im Team kommuniziert, wertschätzt und wieder aufsteht. Mit der Zeit entdecken immer mehr Mitarbeitende Freude am Mitlaufen. Was anfangs chaotisch wirkte, entfaltet sich als sinnvoller Tanz.

Metaperspektive und Spielregeln
Damit niemand den Überblick im Gestaltungsprozess verliert, wechsle ich mit meinen Kunden regelmäßig auf die Metaebene: Wo stehen wir? Woher kommen wir? Was ist der nächste Schritt? Dafür gibt es eine klare Spielregel: Wer während der Diskussion beide Hände hebt, darf den Wechsel auf die Metaebene einfordern – und das hat Vorrang vor allen inhaltlichen Beiträgen. Dieses Ritual schafft Orientierung im Prozess.

Chaos als Quelle von Ordnung
Nietzsche schrieb: „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ In der Organisationsentwicklung erlebe ich das ähnlich: Aus der anfänglichen chaotisch erscheinenden Unordnung entsteht im Dialog eine neue, andere, Ordnung – und die verändert sich wieder, sobald wir die Perspektive wechseln. Um diese Dynamik sichtbar zu machen, nutze ich neben Metaphern und Visualisierungen immer öfter echtes Kaleidoskop, das als Redestab im Workshop kreist. Es erinnert die Teilnehmenden daran: Jede und jeder hat eine eigene Sichtweise, eine eigene Erklärung und die könnte aber auch ganz anders sein und darf sich wandeln.

Lust auf lebendige Prozesse
Mein Ziel als Berater ist es, Lust auf dieses dynamische, widersprüchliche und zugleich strukturierende Chaos zu machen. Denn darin liegt die Chance, dass Organisationen nicht nur Lösungen finden, sondern gemeinsam neue Wege gehen.