Die Deutsche Bundesbank ist als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland eine Organisation mit rund 10.000 Beschäftigten. Neben geldpolitischem Sachverstand nimmt auch Führung in der Organisation entscheidenden Einfluss darauf, wie erfolgreich die Bundesbank ihre Aufgaben erfüllt. Welche Führung braucht die Bundesbank? Die Bundesbank hat sich auf den Weg gemacht, Führungsgrundsätze für sich zu entwickeln und in der Praxis zu verankern.
Wir sprachen mit Julia Waldenmayr aus dem Zentralbereich Personal und Karmela Holtgreve aus dem Zentralbereich Kommunikation über diesen Prozess und eine besonders interaktive Führungskonferenz.
Frau Waldenmayr, die Bundesbank hat im November 2014 die 140 Führungskräfte der obersten drei Ebenen zu einer Führungskonferenz eingeladen. Was sollte mit dieser Veranstaltung bewirkt werden?
Die Führungskonferenz war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Etablierung einer neuen Führungskultur. Es galt, die von Vorstand, Führungskräften und Mitarbeitern entwickelten Grundwerte auf Führungsverhalten zu übertragen und so gemeinsam Ideen für gute Führung zu formulieren. Dazu war es wichtig, zwischen dem Vorstand und den beiden darunter liegenden Führungsebenen ein gemeinsames Verständnis zu diesen Werten herzustellen. Die Veranstaltung sollte dazu beitragen, dass bei der Entwicklung der Führungsgrundsätze alle an einem Strang ziehen.
Frau Holtgreve, worauf haben Sie bei der Vorbereitung dieser Veranstaltung besonderen Wert gelegt?
Wir wollten Raum und Rahmen bieten für die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Werten. Dabei war es uns besonders wichtig, den Führungskräften einen lebendigen Austausch miteinander zu ermöglichen. Hierzu haben vor allem interaktive Workshops beigetragen. Darüber hinaus haben wir die Teilnehmer gleich zu Beginn der Veranstaltung mit einem eigens für die Führungskonferenz produzierten Film auf das Thema Führung eingestimmt.
Der Film zeigt ein Orchester – die Junge Philharmonie Köln – bei den Vorbereitungen einer Probe. Dabei äußern sich einzelne Mitglieder zum Thema Zusammenspiel und worauf es ankommt, um gemeinsam etwas Größeres zu erreichen. Am Ende spielen die Musiker das gemeinsam erarbeitete Stück. Die Botschaft ist: Eine Führungsmannschaft sollte so zusammenspielen wie ein Orchester, wenn am Ende ein gemeinsamer Erfolg stehen soll.
Frau Holtgreve, wie haben Sie dafür gesorgt, dass die Führungskräfte die Bedeutung der Werte gut nachvollziehen konnten?
Erst einmal haben viele Führungskräfte bereits an der Entwicklung dieser Werte mitgewirkt. Gespräche mit Führungskräften und eine Diskussion im Vorstand waren die Basis für die Entscheidung, welche Werte wir zum Thema machen wollen. Dieser Prozess wurde im Sommer 2014 gestartet und auch über unser Intranet und unser internes Magazin begleitet. Das Ergebnis dieser Vorarbeit haben wir auf der Konferenz im November 2014 präsentiert.
Dort hatte jeder Teilnehmer die Chance, sich mit jedem Wert auf unterschiedliche Weise auseinander zu setzen. Für jeden Wert gab es einen eigenen Raum, in dem dieser variantenreich und interaktiv dargestellt wurde. So wurde zum Beispiel der Wert Kommunikationsbereitschaft durch ein Improvisationstheater eingeführt. Die Führungskräfte bewegten sich in Gruppen von Wert zu Wert und reflektierten die Werte anschließend in der Gruppe.
Die Ergebnisse der Reflexion der einzelnen Werte wurden zum Abschluss der Veranstaltung im Plenum präsentiert.
Julia Waldenmayr
Zentralbereich Personal
Sie leitet im Zentralbereich Personal die Personalentwicklung und ist damit unter anderem auch für die Führungskräfteentwicklung in der Bundesbank zuständig.
Karmela Holtgreve
Zentralbereich Kommunkation
Sie begleitet seit 2012 für die Deutsche Bundesbank den Aufbau einer strategischen Internen Kommunikation, u.a. mit der Neukonzeption der Vorstands- und Führungskommunikation.
Frau Waldenmayr, welches Verständnis von Führung wollten Sie mit dieser Veranstaltung vermitteln?
Das Projekt „Führungsgrundsätzen“ steht für einen Kulturwandel in der Bundesbank, insbesondere für einen Wandel der Führungskultur. Transparenz und Offenheit sollen gestärkt und gefestigt werden.
Dafür war diese Konferenz genau das richtige Format: Führungskräfte haben die Werte lebendig miteinander diskutiert – unabhängig von Hierarchien.
Ganz im Sinne von Transparenz und Offenheit haben wir die Ergebnisse der Führungskonferenz auch über unsere internen Medien an die Beschäftigen kommuniziert. Darüber hinaus konnten sich die Beschäftigen in einem Chat mit unserem Präsidenten über das Projekt austauschen sowie im Rahmen eines Workshops dem Projektteam eine Rückmeldung zu den Ergebnissen der Führungskonferenz geben.
Die Beteiligung der Mitarbeiter wird konsequent weitergeführt. Derzeit finden bankweit Workshops statt, in denen die einzelnen Arbeitseinheiten die Werte für ihre tägliche Praxis reflektieren.
Frau Waldenmayr, welche Rückmeldung haben Sie von den Teilnehmern der Veranstaltung erhalten?
Insgesamt war die Reaktion sehr positiv. Vor allem begrüßten die Teilnehmer, dass Führung in der Bundesbank verstärkt zum Thema und konstruktiv diskutiert wird.
Konkret in Bezug auf die Führungskonferenz gefiel den Teilnehmern das interaktive Format sehr gut. Es ermöglichte ihnen, sich auf lebendige Weise mit dem Thema auseinander zu setzen. So blieb zum Beispiel der Film mit den jungen Philharmonikern in Erinnerung, weil er eine schöne und vor allem unerwartete Form der Auseinandersetzung und Reflexion bot. Der Vergleich der eigenen Führungspraxis mit dem Zusammenwirken in einem Orchester wurde von den Teilnehmern als anregend empfunden.
Frau Waldenmayr, woran werden Sie in den kommenden Monaten feststellen können, ob die Führungskonferenz ihren Zweck erfüllt hat?
Die Werte und vor allem die Botschaften, die auf der Führungskonferenz formuliert wurden, werden momentan in individuelle Verhaltensanker überführt. Dazu führen wir Workshops in allen Arbeitseinheiten der Bundesbank durch. Im Dialog einigen sich die Führungskräfte mit ihren Teams, wie sie einen Wert leben möchte. Die Leitfragen dabei sind: Welches Verhalten zeigt unsere Führungskraft im Sinne der Werte, und was kann sie tun, um den Wert noch stärker in ihrem Verhalten zum Ausdruck zu bringen.
Wenn diese Workshops bis Ende des Jahres durchgeführt worden sind und die Werte über die individuellen Verhaltensanker immer wieder reflektiert und schließlich bewusst gelebt werden, dann war der gesamte Prozess ein Erfolg, und auch die Führungskonferenz hat ihren Zweck erfüllt.
(Das Interview führte Holger Schmitz, LEA im März 2015)
Kommentar von Christina Grubendorfer (LEA):
LEA durfte die Bundesbank bei der Planung und Durchführung dieser Führungskonferenz und im anschließenden Prozess begleiten. Dabei haben wir wahrgenommen, dass die Bundesbank Führung konsequent zu einem Thema in der gesamten Organisation macht. Dies ist ein wichtiger Schritt um Führung wirksamer und funktionaler zu machen. Denn viele andere Unternehmen versuchen immer noch, die Qualität von Führung zu steigern, indem sie die individuellen Kompetenzen einzelner Führungskräfte in Maßnahmen der klassischen Führungskräfteentwicklung ausbauen. Doch Führung wird wirksam im System. Eine einzelne Führungskraft kann über noch so gute und zeitgemäße persönliche Führungskompetenzen verfügen – wenn das System von Führung, das sie umgibt, es nicht zulässt, wird sie diese nicht einbringen können.
Deswegen verfolgt die Bundesbank einen höchst sinnvollen Ansatz, um Führung nachhaltig wirksamer zu machen: Sie bietet Führungspersonen Räume zur gemeinsamen Reflexion ihrer Führung in der Bundesbank und bindet alle Führungskräfte in einen Prozess ein, in dem sie die Art und Weise, wie sie miteinander führen, gemeinsam gestalten.