Wie Veränderungsprozesse gelingen mit dem LEA Agile Change Framework
Schaut man sich Vorgehensmodelle für Change-Vorhaben in Organisationen an, ähneln sie meist einer Abfolge verschiedener Phasen, die häufig als aufeinanderfolgende Pfeile dargestellt werden.
Das ist auch einleuchtend, denn schließlich will man ja zu einem wünschenswerten Zielzustand gelangen. Was wäre Changemanagement ohne ein Ziel? Meist haben die Manager auch eine klare Vorstellung davon, wohin die Organisation sich entwickeln soll.
Nach dieser Logik funktioniert die Organisation wie eine komplizierte Maschine, bei der man nur die Zahnräder richtig einstellen und ölen muss – also die Rollen und Prozesse hinreichend definieren muss, um den geplanten Zustand zu erreichen. Es entsteht die beruhigende Illusion von linearer Kausalität und der Vorstellung, dass Führungskräfte die gesamte Organisation beobachten, analysieren und von oben steuern können.
Doch geht das überhaupt? Können wir vorher wissen, wohin ein Veränderungsprozess die Organisation führt?
Systemtheoretisch betrachtet ähneln Organisationen lebenden Organismen. Das bedeutet, dass sie:
- nicht trivial sind, also sich Auswirkungen von Interventionen nicht eindeutig vorhersagen lassen
- komplex sind, also nicht in ihrer Gänze analysier- und verstehbar sind
- dynamisch sind, also erst durch ihre Wechselwirkungen und Relationen definiert werden.
Mit diesem systemischen Verständnis lassen sich Interventionen und Veränderungsvorhaben nicht mehr linear denken (z. B. nach Wasserfallmethodik), sondern müssen in kürzeren Zeitintervallen iterativ überdacht und neu geplant werden (Agilität).
Gerade bei steigendem Komplexitätsgrad der Umwelt und des Systems kreiert Linearität mehr Probleme als sie löst. Denn steigende Komplexität reduziert Planbarkeit und erfordert Reflexion und Neuorientierung in kürzeren Intervallen. Kurze Feedback-Zyklen sind Voraussetzung für die Organisation sich selbst zu beobachten und zu reflektieren, um so überlebens-, anpassungs-, veränderungsfähiger zu werden – oder mit anderen Worten, um zu lernen.
Das LEA Agile Change Framework folgt daher keinem linearen Ansatz, sondern läuft in zwei heuristischen Schleifen ab, die als Lemniskate in Form einer liegenden Acht visualisiert werden. Die eine Schleife bildet den Strategie-Prozess ab, der auf die Organisation als Ganzes schaut und Kulturveränderungen beobachtet. Der zweite Kreis führt währenddessen einzelne Interventionen in Form von Minimum Viable Changes als prototypische, organisationale Experimente durch. Das Framework hat auch keinen Endzustand, denn eine Organisation sollte weder aufhören, sich zu verändern noch aufhören zu lernen.
Das bedeutet, man befindet sich in einer „Beobachtungs-Interventions-Reflexionsschleife“, in der ständig neu geprüft werden muss, was die nächsten sinnvollen Schritte sind. Wirksamkeit entsteht dabei nicht durch das singuläre Wirken einzelner Akteure „top-down“, sondern nur aus dem System als Ganzem heraus mit der Partizipation aller relevanten Beteiligten. Führung wird nach diesem Verständnis mehr als Beobachtungs- und Analyseaufgabe verstanden, die der Organisation hilft, sich selbst zu beobachten und fehlende Elemente bereitzustellen oder zu übernehmen.
Diese Phasenabfolge wird immer wieder neu durchlaufen. Jeder Durchlauf erhöht das Wissen über die Organisation und ihre Wirkungsweisen. Aus systemtheoretischer Perspektive ist die Funktionslogik von Organisation, Zustände durch Routinen auf Dauer zu stellen. Der entscheidende Lerneffekt setzt dort an wo die Organisation lernt, wie sie Lernen bzw. Veränderung auf Dauer stellt.
Dadurch ergibt sich ein Rückkopplungsprozess, der sowohl die einzelne Intervention prüft als auch immer das Gesamtbild im Auge behält. Einzelne Minimum Viable Changes sind nicht darauf ausgelegt, eine perfekte Lösung zu bieten, sondern sind ein Experiment und deshalb immer wieder auf ihre Wirksamkeit und Nutzen zu im Sinne des Organizational Prototyping überprüfen.
So kann gewährleistet werden, dass Organisationen anpassungs- und veränderungsfähig werden und damit überlebensfähig bleiben.