Führung entwickeln – wie man sich erfolgreich auf die Reise begibt

Björn Hamker ist Head of Group Learning & Development bei Schnellecke Logistics SE. Als er sich letztes Jahr bei LEA meldete, um die Führungsarbeit zu reflektieren und zu schauen, ob und was im Bereich Führung zu verändern ist, haben wir uns sehr über diese Anfrage gefreut. In unseren ersten Gesprächen haben wir sehr schnell gemerkt, dass wir es hier mit einem ausgewiesenen Kenner systemischer Organisationsentwicklungskonzepte zu tun haben. Die Chemie passte sofort!

Dass Führungsentwicklung bei Schnellecke keine fertig formatierten Programme und Inhalte sind, die „ausgerollt“ werden, sondern Mitgestaltung des Vorgehens durch die Führungskräfte und vor allem Arbeit an der Organisation bedeutet, darüber sprechen wir mit Björn Hamker in der LEA Better Story.

 

LEA: Herr Hamker, bei Schnellecke machen Sie sich auf den Weg, Führungsentwicklung „richtig“ zu machen. Wir freuen uns, dass wir diese Reise mit Ihnen antreten dürfen. Was bedeutet das denn, wie macht man das „richtig“?

Björn Hamker: Um etwas „richtig“ machen zu können, muss man sich natürlich erst einmal fragen, mit was oder wem man es eigentlich zu hat, wenn man über Führung und Entwicklung von Führung nachdenkt. Man muss Interesse an dem Thema haben, sich mit neusten Studien beschäftigen und sich auch für Komplexität – speziell in Organisationen – interessieren. Und dann wird man feststellen, dass man Führung gar nicht so einfach von der Organisation loslösen kann. Führung steckt in den Aufgaben, Prozessen, Strukturen, Ritualen und Menschen; mal ist Führung explizit da und direkt wahrnehmbar, dann ist es implizit und verläuft „verdeckt“ mit.

Damit Führungsentwicklung erfolgreich wird, darf man es sich nicht zu einfach machen. Es müssen Interventionsformen gefunden werden, die der Komplexität des Themas gerecht werden. Und dann hat man es eher mit Organisationsentwicklung und systemischen Interventionen zu tun, als mit der Durchführung von Führungstrainings. Man muss Top Down beginnen und mit der obersten Geschäftsleitung starten. Der Auftrag zu einer Veränderung muss von ganz oben kommen, aber gleichzeitig – und das ist ganz wichtig – auch an sich selbst gerichtet sein und aus eigener Überzeugung kommen. Das sind ganz wesentliche Erfolgskriterien, damit so eine Reise erfolgreich werden kann.

 LEA: Was haben Sie vor?

Björn Hamker: Ich möchte gerne neue Impulse im Bereich Führung in unserer Organisation setzen. Ich glaube im Laufe der Zeit schwingen sich Führung und Unternehmen aufeinander ein. Man kennt die Kunden, die Geschäftsmodelle, die Prozesse und hat eine gewisse Art entwickelt, um den Herausforderungen zu begegnen. Als erster Schritt ist es somit wichtig, sich Reflexionsräume zu schaffen und erst einmal die bestehende Führung zu beschreiben: Wie sieht die Führung bei Schnellecke aus? Wofür ist diese Führung gut und wofür ist diese Führung eher hinderlich? Wie groß ist der Wunsch nach einer Veränderung?

Ich möchte, dass sich alle Führungskräfte gemeinsam auf den Weg machen, ihr Führungshandeln reflektieren und etwas Neues ausprobieren. Wir müssen verstehen was Führung eigentlich ist und wofür Führung da ist. Die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen und Innovationen braucht vielleicht eine andere Führung, als die Aufrechterhaltung bestehender Prozesse. Aber auch im bestehenden Geschäft kann eine andere Art von Führung Mitarbeiterpotenziale frei setzen und zu mehr Produktivität oder Problemlösefähigkeit führen. Ich möchte somit kein fertiges Führungswissen vorgeben, sondern unsere Führungskräfte auf eine Leadership Journey mitnehmen, um gemeinsam zu lernen, welche Führung wir brauchen, damit das Unternehmen Schnellecke für die Zukunft gerüstet ist.

LEA: Wie sieht so eine Leadership Journey aus?

Björn Hamker: Im Vorfeld muss man so ein Veränderungsvorhaben natürlich sehr eng mit dem Vorstandsvorsitzenden abstimmen. Ist die Bereitschaft da, sich auf so einen Veränderungsprozess einzulassen?

Zu Beginn ist es eine kleine Rüttelstrecke. Oberste Führungskräfte werden einbezogen. In gemeinsamen Interviews haben die Führungskräfte beschrieben, wie es um unsere Führung bestellt ist. Im Anschluss an die Interviews habe ich eine Diagnoseschrift erstellt und im Vorstand haben wir uns die Ergebnisse angesehen. Der Vorstand hat Handlungsbedarf gesehen und somit ist der Startschuss für das weitere Vorgehen gefallen.

Es ist sinnvoll eine Leadership Journey in unterschiedliche Phasen einzuteilen. Nach dem Contracting ging es in die erste Phase. Diese beschäftigt sich mit der grundlegenden neuen Ausrichtung der Führung. Welches sind die Herausforderungen des Unternehmens und welche Führung braucht es, um diesen Herausforderungen zu begegnen? In dieser Phase wurde auch gleichzeitig gelernt. Was bedeutet das für die Arbeit in unserem Führungsgremium? Wer ist in welcher Rolle hier? Was sind gegenseitige Erwartungen? Wie entscheiden wir?

Schritt für Schritt werden die nächsten Führungsebenen einbezogen. Phase 2 sorgt dafür, dass wir als internationaler Konzern unsere Länderstruktur in die Journey integrieren. Phase 3 hat den Fokus in den jeweiligen Ländern. Vertikale Dialogveranstaltungen sorgen für eine gute Integration und Abstimmung der Themen.

LEA: Wer ist alles dabei?

Björn Hamker: Wir möchten gerne alle Führungskräfte mit auf den Weg nehmen. Es ist auch sehr schön, dass bei uns der Vorstand Teil des Programmes ist und mit Vorbild vorangehen möchte. Das ist in großen Konzernen nicht unbedingt üblich. Nach und nach nehmen wir die jeweiligen Führungslevel mit. Auch möchten wir die Betriebsräte und Mitarbeiter als Dialogpartner mit auf die Reise nehmen. Wichtig ist, dass am Ende auch die Mitarbeiter eine Veränderung spüren. Sie sind ein wichtiger Stakeholder von Führungsarbeit.

LEA: Was hat Sie bestärkt diesen Weg zu gehen?

Björn Hamker: Insgesamt betrachtet gibt es, glaube ich, sehr wenige Unternehmen, die so einen Weg gehen wie wir. Entweder gibt es Organisationsentwicklungs-Vorhaben und Kulturprogramme oder Seminare für Führungskräfte. Über die Wirkung von Führungskräfte Trainings war ich – auch aus eigener Erfahrung – eher enttäuscht. Da kommt kaum eine Änderung zustande, die zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt. Zum anderen gab es in der letzten Zeit einige Studien von Beratungsunternehmen, die Zweifel an der Wirksamkeit von klassischen Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen aufgezeigt haben. Und schließlich muss man einfach selber den Mut aufbringen, im Unternehmen neue Wege einzuschlagen. Das ist auch der Job eines Personalentwicklers.

LEA: Führungsentwicklung funktioniert also dann, wenn die Organisation sich mitentwickelt?

Björn Hamker: Genau, Führungsentwicklung funktioniert nur dann, wenn man es schafft, dass sich die Organisation auch mitentwickelt. Man muss sich die Entscheidungs- und Informationsprozesse ansehen, die Führungskultur, Beziehungen, gegenseitige Erwartungen, die innere Haltung der Führungskräfte und natürlich auch bestehende Führungsqualifikationen. Führung kann sich nur im Kollektiv an realen Situationen entwickeln. Damit das gelingen kann, braucht es viele Zutaten. Ein realistisches Timing und eine kristallisierende Vorgehensweise sind ganz wesentliche Zutaten.

LEA: Corona hat viel bewegt und sicherlich auch zu viel unerwarteter Bewegung geführt. Warum also jetzt „auch noch“ Führungsentwicklung?

Björn Hamker: Ich glaube für unser Unternehmen ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, um das Thema anzugehen. Wir gucken derzeit mit einem anderen Blick auf mögliche neue Märkte, auf neue Kunden, neue Geschäftsmodelle und Innovationen. Und für die Bewältigung neuer und andersartiger Herausforderungen benötigt man eine neue Führung. Wenn man nach der Krise so weiter macht wie vorher, hat man eventuell eine wichtige Lernchance verpasst. Und zu viele Krisen wollen wir ja auch nicht haben…

LEA: Nachdem wir nun schon die ersten Schritte gemeinsam gegangen sind und wir seitens der Vorstandes und des Top-Managements bei Schnellecke eine tolle Energie und viel Gestaltungswillen für die Leadership Journey erlebt haben, sind wir gespannt, was uns auf der Reise alles begegnet. Worauf freuen Sie sich persönlich bei dieser Reise?

Björn Hamker: Am meisten freue ich mich auf die persönlichen Kontakte mit unseren Führungskräften. Wie kommt diese neue Art des Lernens an? Gibt es interkulturelle Unterschiede in unseren Ländern? Können wir uns auf ein neues Führungsbild einigen, dass für alle gültig ist? Finden wir Wege „alte“ und „neue“ Führung passend zu integrieren? Das ist alles sehr spannend.

LEA: Was sind die Gründe diese Reise mit LEA zu machen? Warum haben Sie sich für uns entschieden?

Björn Hamker: Für mich war wichtig, dass ich ein Beratungsunternehmen finde, welches sich ganz auf unsere Bedürfnisse einlassen kann. Bei den großen internationalen Beratungsunternehmen hatte ich da eher meine Zweifel. Des Weiteren war mir wichtig, dass das Institut Erfahrung mit dem Design von Veränderungsprozessen hat und natürlich auch Erfahrungen in der Ausgestaltung von klassischen und agilen Führungstrainings. Auch das Netzwerk von LEA hatte bei meiner Wahl einen ausschlaggebenden Effekt. Die Einbindung in die „systemische Szene“ und die Themen, die dort behandelt werden, zeigt, dass LEA am Puls der Zeit arbeitet.

LEA: Danke für das Gespräch, Herr Hamker, wir freuen uns auf die weitere gemeinsame Reise!

#becomebetter.

 

Zum Weiterlesen/-sehen/-hören – mehr zum Thema Führung und Organisation:

LEA Videocast #1: Überforderung in der Organisation entsteht durch unterkomplexe Ideen von Führung

LEA Podcast #51 mit Judith Muster zum Thema „Wie lässt sich Führung entwicklen?“

LEA Podcast #52 mit Rudi Wimmer zum Thema „Was offenbart ein systemischer Blick auf Führung?“