Kulturwandel in Ostwestfalen

LEA: Storck ist ein Traditionsunternehmen mit über 115 Jahren Unternehmensgeschichte. Wo könnte man im Unternehmen in Deinen Augen die größten Veränderungen feststellen?

PB: Zunächst mal nehme ich hier gerne den Konjunktiv raus. Ich bin seit 19 Jahren im Unternehmen und wenn ich mir diese Zeit noch einmal vor Augen führe sind Veränderungen kein hypothetisches Ereignis, das vielleicht, irgendwann mal eintritt. Besonders die Unternehmenskultur hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert und das ist ganz konkret sicht- und spürbar und wir als Personalentwicklung konnten dabei häufig unterstützen.

LEA: Woran genau machst Du diesen Kulturwandel fest?

PB: Besonders in der Personalentwicklung begegnen wir ja immer wieder neuen Herausforderungen, sei es hinsichtlich der nachhaltigen Entwicklung von Talenten, der Digitalisierung oder auch im Bereich neuer Führungsansätze. Und bei all diesen Themen haben wir uns seit Jahren tiefgreifend verändert – letztlich bis runter ins Mindset. So wurde aus größtenteils zufallsgesteuerten Seminaren im Jahr 2000, innerhalb von 19 Jahren eine konzeptionell und strategisch an den tatsächlichen Anforderungen der Mitarbeiter ausgerichtete Personalentwicklung.

LEA: Das klingt schon mal so, als würde bei euch der Kulturwandel ganz von allein funktionieren…

PB: Schön wäre das ja, aber ganz so ist es nicht. Bei allen Fortschritten in den vergangenen Jahren haben wir auch gemerkt: nachhaltiger Kulturwandel braucht manchmal echte Probleme die spürbaren Handlungsdruck erzeugen. Und Storck geht es dahingehend tatsächlich „zu gut“. Die vergangenen Jahre waren herausragend für das Geschäft, wir sind bei den Verbrauchern gut verankert und wachsen stetig und unsere Mitarbeiter sind unternehmensübergreifend zufrieden. Somit mussten wir in unserer Unternehmensgeschichte bislang noch nie aus echter Not heraus handeln, was die Wirkung von manchen Initiativen durchaus erhöhen würde.

LEA: Kannst Du uns dafür ein Beispiel nennen?

PB: Das Riesenthema Digitalisierung und Agilität fällt mir dabei als erstes ein. Wir haben erst vor einigen Wochen einige Startups besucht um Möglichkeiten hinsichtlich der Digitalisierung unserer internen wie externen Geschäftsprozesse auszuloten. Und in diesem Zusammenhang begegnet mir dann schon öfter die Weisheit: „Das war schon immer so. Das wird auch immer so bleiben“ und damit die Überzeugung, wir bräuchten „Digitalisierung“ nicht. Aber schon mit Blick auf Themen wie den Fachkräftemangel können wir als Personalentwicklung das nur schwer akzeptieren. Ein altmodisches Unternehmen, das sich einem Megatrend wie Digitalisierung verweigert? Da will in Zukunft bestimmt niemand mehr arbeiten der die Welt, in der wir leben als digitale Welt versteht.

LEA: Und wie geht ihr nun mit den Themen Digitalisierung und Agilität um?

PB: Zunächst einmal starten wir mit einem Pilotprojekt die so genannte „Digitale Grundausbildung“, ein digitales Programm über 12 Monate bei der wir unsere Mitarbeiter und Führungskräfte ausführlich zu Hintergründen, Funktionsweisen sowie Herausforderungen und Chancen von digitaler Transformation und agiler Arbeit informieren und befähigen. Wir stehen bei den Themen Digitalisierung und Agilität noch ganz am Anfang. Einerseits ist das aktuell noch in Ordnung, da wir zwar „nur“ langsam und stetig wachsen, dafür aber auch perspektivisch nachhaltig. Andererseits ist die „storckige“ Geschwindigkeit von bestimmten Projekten auch eine Herausforderung. Wir sind bei bestimmten Themen ein Dampfer – Entscheidungen, Terminfindung, Weiterentwicklung von neuen Ideen; da arbeiten wir langsam, besonders bei bunt zusammengesetzten Projektteams. Und das können wir uns nicht länger leisten, wenn wir in Zukunft weiterhin erfolgreich sein wollen.

LEA: Wie genau sieht denn die Zukunft von Storck in deinen Augen aus? Wo steht das Unternehmen Deiner Meinung nach in 5 Jahren?

PB: Wenn es nach mir geht, sind wir in 5 Jahren unter den Top-3-Arbeitgebern der Industrie, sind im Süßwarenmarkt weiter stetig gewachsen und sind vor allem offener und schneller im Bereich Digitalisierung.

LEA: Hinsichtlich Digitalisierung und Marktstellung scheint ihr gut aufgestellt zu sein. Wie sieht es denn bei eurer Rolle als Arbeitgeber aus?

PB: Wir sind nach wie vor ein privat geführtes Unternehmen, sind keine AG und müssen somit auch keinem Shareholder-Value entsprechen. Und ich finde, das merkt jeder der einmal bei uns gearbeitet hat: Unsere Marken, unsere Werte, das nachhaltige Wachstum – wir ticken nicht wie ein Konzern und das ist Teil unserer DNA.

LEA: Und was treibt Dich nach 19 Jahren weiterhin mit Begeisterung ins Büro?

PB: Als ich damals angefangen habe war der große Reiz die bereits erwähnte „grüne Wiese“. Es gab noch nicht viel und ich konnte praktisch bei Null anfangen und mich ausprobieren. Und dieser Freiraum hat sich bis heute erhalten. Ich kann mich ausprobieren und beobachten wie meine Ideen fruchten – oder mit dem Vertrauen der Unternehmensleitung gegensteuern wo es notwendig ist. Zudem mag ich die Rolle, die der Personalentwicklung bei Storck zukommt. Wir sind häufig Impulsgeber, wir können und sollen manchmal bewusst schräg denken und sind für interne Bereiche und Teams Berater bei Veränderungsprozessen jeglicher Art.

LEA:  Vielen Dank für das kurzweilige Gespräch und diese spannenden Einblicke.