Teams scheitern, wenn sie ihre Kontexte ausblenden

„Im Leadershipteam treffen wir gemeinsam Entscheidungen und agieren auf Augenhöhe“, so der CEO eines FMCG Konzerns.

In diesem Konzern gab es drei Vorstände, die sich gemeinsam mit den vier hierarchisch nachgeordneten Geschäftsführern zu einem Leadershipteam zusammengeschlossen haben, um dort alle unternehmensrelevanten Entscheidungen gemeinsam zu treffen.

Aha, interessant, dachte ich und bat darum, mir eine der Sitzungen des Leadershipteams ansehen zu dürfen. Nach 20 Minuten war gut erkennbar, wer die drei Vorstände waren und wer die vier anderen. Die Redeanteile der Vorstände, insbesondere des CEO und des CFO waren exorbitant länger als die der anderen, ihre Körperhaltung war entspannter, ihre Stimme lauter. Und die anderen ließen sie gewähren, hörten geduldig zu, auch wenn sie, statt sie beim Reden anzusehen, auch mal aus dem Fenster blickten, was durchaus als Versuch der Einflussnahme zu beobachten war. Doch diese dezenten nonverbalen Signale, die den Redefluss eingrenzen sollten, brachten nichts.

Worauf will ich hier hinaus? Selbstverständlich wirkt die Hierarchie auch in einem Team weiter, auch wenn alle so tun, als sei dies nicht so. Es ist meist nicht möglich und ja auch nicht schlau, so zu tun, als seien diese Unterschiede nicht mehr da. Und dennoch werden die Unterschiede zum Tabu.

Als die Unterschiede im weiteren LEA Beratungsprozess zur Sprache kamen, zeigte sich der CEO den anderen gegenüber bestürzt: „Das kann doch nicht sein, habt ihr etwa Angst, hier offen zu sprechen? Ihr wisst, doch, ich reiße hier niemandem den Kopf ab für seine Meinung.“

Seine Bestürzung war echt, denn es war ihm bis dahin tatsächlich so vorgekommen, dass das Leadershipteam gut funktioniert. Die Zurückhaltung seiner Kollegen bei Diskussionen hatte er stets als Zuspruch interpretiert, als Zeichen dafür, wie einig man sich sei (siehe Konsensfallen, 7 von 11).

Dies ist nun nur eins von vielen Beispielen dafür, dass in Teams nicht alle gleich sind bzw. Teams auch nicht kontextfrei agieren. Teams sind immer eingebettet in Kontexte, in den Kontext der anderen Rollen der Teammitglieder, in den unternehmerischen Kontext, in den Kontext einer bestimmten Fragestellung oder eines Zeitgeschehens.

Teams leiden unter den unvermeidlichen widersprüchlichen Erwartungen an ihr Miteinander: „Sprich einfach aus, was du meinst, denn wir sind hier alle gleich“ vs. „Unterbrich den Vorstand nicht, wenn er seine Reden schwingt“. Werden diese gegensätzlichen Regeln nicht reflektiert, so entsteht Unwohlsein, Lähmung, Unproduktivität.

Welche ausgeblendeten Kontexte und Unterschiede habt ihr schon erlebt?

Lasst uns ins Gespräch kommen und hier auf LinkedIn in den Austausch gehen.