Wer auch immer mit Veränderungsprozessen zu tun hat, wird es bemerken: es heißt plötzlich nicht mehr Veränderung, es heißt jetzt Transformation.
Was ist da los – aus Raider wurde mal wieder Twix? So einfach ist es diesmal nicht. Wir haben es hier ausnahmsweise mal nicht mit einem Rebranding zu tun. Kein alter Wein in neuen Schläuchen. In der von Buzzwords und “dem nächsten Trendthema“ arg gebeutelten Beratungs-Szene sind das doch schon mal gute Neuigkeiten.
Worum geht es hier also?
Man könnte sagen, das Change-Thema selber ist im Change. Und es wäre ja auch eigentlich schade, wenn dem Change nicht auch mal widerfahren würde, was er die ganze Zeit selber predigt: Veränderung passiert jedem.
Der Begriff der Transformation offenbart einen gedanklichen Switch, der Veränderung in größere Dimensionen einordnet. Unzählige Beratungsprojekte, Change Initiativen und Veränderungsbemühungen haben gezeigt: ein Change Projekt arbeitet an den Prozessen, der Struktur, den Verhältnissen. Man könnte sagen am „Doing“. Oder, organisationstheoretisch gesprochen: an der Ablauforganisation.
All dies hat aber auch immer grundlegende Effekte: wenn wir an der einen Stelle Veränderungen vornehmen, hat dies auch Effekte auf andere Stellen. Alles ist mit allem verbunden. Im organisationalen Kontext verändert sich also möglicherweise damit auch die Aufbauorganisation. Wie genau diese Effekte aussehen, wie groß sie sind und wo sie wirken, kann man nicht vorhersagen. Veränderungen verändern dann also nicht immer nur das „Doing“, sondern – möglicherweise etwas langfristiger – auch das „Being“. Und somit wird durch den Change auch stillschweigend an der Transformation – dem Being – gedreht.
Warum dann also nicht den Spieß umdrehen – vom Großen denken und dann das Konkrete gestalten?
Hier setzt Transformation an. Es gibt genügend Auslöser einer Transformation bzw. dem damit verbundenen Wunsch, sich neuen Gegebenheiten anzupassen, zu transformieren: Digitalisierung, demografischer Wandel, Automatisierung, Globalisierung, Klimakrise, Covid-19. Dies sind Auslöser und Realitäten die, als gesellschaftliche und globale Ereignisse, einen hohen Anpassungs- und Transformationsdruck erzeugen und grundsätzliche Fragen nach dem Sinn und Zweck der Organisation aufwerfen.
Transformation bedeutet, im Gegensatz zur Veränderung und häufig bedingt durch gesellschaftliche oder globale Entwicklungen, also die Arbeit am großen Ganzen. An der Aufbauorganisation, an den Glaubensätzen, an den Spielregeln, am Sinn und – über Bande -natürlich auch an der Kultur im Unternehmen. Wir wären schlechte systemische Berater:innen wenn wir nicht sagen würden, die Bedingtheit von Change und Transformation ist ein „sowohl als auch“. Sowohl konkrete Change -Vorhaben wirken sich auf das große Ganze – die Transformation aus, als auch Transformation auf konkrete Change-Vorhaben. Wenn ich den Change-Prozess „Agile Arbeitsweisen einführen“ in einer bürokratischen Struktur starte, wird der nur bedingt erfolgreich sein, da diese Strukturen zu verhindern werden wissen, ernsthaft agil zu arbeiten. Ein solcher Schritt macht erst dann Sinn, wenn ich diese grundsätzliche Umformungs-Notwendigkeit mitdenke und einen grundlegendes Transformationsziel „Selbstverständnis als agile Organisation“ definiere. Dann kann ein entsprechender Change-Prozess als ein Element von vielen weiteren für das Transformationsziel wirksam sein.
Was bleibt: Transformation setzt am System und am Selbstverständnis an. Und aus systemischer Sicht finden wir das natürlich ganz hervorragend. Denn nachhaltige Veränderung entsteht durch die Arbeit an Systemen. Und nicht durch die Arbeit am Einzelnen.
Was auch bleibt: Transformation dauert. Transformation ist größer und einschneidender als Veränderung. Am Ende haben sich neue Systemstrukturen etabliert und stabilisiert. Die Transformation hat einen fundamentalen, dauerhaften Wandel erzeugt.
tl;dr
Der Transformationsprozess hat ein Ziel. Der Change-Prozess ist ein Prozess, der die Zielerreichung unterstützt.