Ein schönes Hotel, super Catering, Begegnung mit Event-Charakter – einfach mal etwas Gutes für das Team tun. Das wird zwar häufig nicht ganz so direkt ausgesprochen, ist aber immer noch ein Bild, das vielen Auftraggebenden vorschwebt, wenn sie sich an die Personalentwicklung ihres Unternehmens wenden. „Wir können auch Busse“ hat Personalentwicklerin Petra Barth im LEA Podcast #17 noch scherzhaft hinzugefügt. Doch bei der nachfolgenden Diskussion um wirklich wirksame Personalentwicklung geht’s dann doch um mehr – nämlich um Türen, Ecken und Hüte.
Fangen wir mal von hinten an – bei den Hüten. Vor wenigen Jahren war das Bild von Personalentwickler*innen noch eher eintönig. Sie sollten Weiterbilder*innen sein mit einem Bauchladen an standardisierten Trainings und Seminaren im Gepäck – oder eben in ihrem metaphorischen Hut. Davon setzen sich erfolgreiche Personalentwickler*innen heute allerdings gleich mehrere auf: als Coach, Berater*in, Moderator*in, Dienstleister*in und ja, eben auch mal als Eventmanager*in, um nur ein paar der Hüte zu nennen. Damit stellen sie sich einer der paradoxesten Hürden, vor denen Personalentwicklung immer wieder steht: sich zu viel auf das Personal zu fokussieren.
Klar, man kann Personal schulen – das sollte man auch – aber nicht jedes Problem lässt sich durch Trainings lösen. Personalentwickler*innen sollten bei der Auftragsklärung deshalb auch bewusst in die Rolle der Beratung wechseln und die Auftraggebenden bewusst davon weg navigieren, nach Lösungen zu suchen, die gar nicht genau reflektieren, was eigentlich das Problem ist oder zumindest, was das Business-Ziel hinter der „Maßnahme“ ist. Durch den Einsatz unterschiedlicher Rollen rücken beispielsweise die Kommunikation im Team oder auch organisationale Rahmenbedingungen mehr in den Fokus.
Um das zu bewerkstelligen, in die Beratungsrolle zu wechseln, braucht es jedoch die Bereitschaft Anzuecken. Und das wird zum ersten Mal häufig schon vor Projektstart nötig: Um wirksame Maßnahmen zu entwickeln, muss ein Auftrag auf klaren Zielen aufbauen – nicht nur auf Wunschinhalten. „Was soll danach überhaupt alles anders sein?“ oder „Wie würde das Problem heißen, wenn es ein Buchtitel wäre?“ sind dabei gute Leitfragen, um solchen Zielen näher zu kommen. Sie können aber auch ganz schön irritieren – und das ist auch genau der Sinn.
Wirkungsvolle Personalentwicklung gibt einen Stupser, um sich aus der eigenen Bubble hinauszubewegen. Zum einen um gemeinsam eine Außenperspektive einnehmen zu können – zum anderen aber auch, um Distanz zu Herausforderungen und damit Entlastung zu schaffen. Gleichzeitig dürfen die Ecken und Kanten, die man zeigt, aber auch nicht zu viel sein, unsympathisch und unbequem machen, denn: genauso profitiert Personalentwicklung auch von der Nähe, die durch ähnliche Ansichten und gemeinsame Grundlage entsteht. Es braucht eine gute Beziehung zwischen Auftraggeber und Personalentwickler*in.
Und genau aus diesem Grund spielen eben auch Türen eine bedeutende Rolle bei der Personalentwicklung. Der Wunsch nach einem schönen Hotel, super Catering, Austausch mit Event-Charakter – das sind nicht die Aspekte, die Personalentwicklung wirklich wirkungsvoll machen. Aber sie können ein unglaublich guter Türöffner für mehr sein. Petra Barth berichtet im Podcast zum Beispiel davon, dass so ein Event häufig den Blick beim Kunden ändert. Sie wollen tiefer gehen: Mit etwas mehr Diskussion um Organisationsentwicklung und Kulturthemen – etwas weniger Location und Schulungscharakter.
Aus diesem Grund geht es bei wirksamer Personalentwicklung also um das Zusammenspiel von Türen, Ecken und Hüten. Oder mit anderen Worten: Offenheit für die Wünsche der Auftraggebenden; Mut, an den richtigen Stellen zu fordern und zu irritieren; und Sensibilität, in welcher Rolle man als Personalentwickler*in am besten eine bestimmte Problemstellung angeht.