Im Gespräch mit LEA Geschäftsführerin und Gründerin Christina Grubendorfer über den neuen Markenauftritt von LEA sowie Hintergründe des Rebrandings und neuen Claims „Become A Better Organization“.
Leonie von Uthmann (LvU): Der neue LEA Claim lautet „Become A Better Organization“, was bedeutet das für Dich?
Christina Grubendorfer (CG): Zunächst einmal habe ich meine tiefe Überzeugung dabei zum Ausdruck gebracht, dass es in Organisationen verborgene Schätze und Potenziale gibt, die darauf warten entdeckt zu werden. Ich liebe es, zusammen mit unseren Kunden auf Entdeckungsreisen und Schatzsuchen zu gehen. „Become A Better Organization“ ist aber vor allem auch LEAs Appell an Organisationen, sich selbst zu reflektieren und zu fragen: „Wo stehen wir eigentlich, wo wollen wir hin und wie gut sind wir gerade auf dem Weg dahin?“
LvU: Ein zentrales Moment der LEA Identität lautet „eine Welt zu schaffen, in der Menschen gerne leben und arbeiten wollen“. Was bedeutet diese Mission für die Beratung von Unternehmen?
CG: Dieser Satz ist natürlich schon mächtig – aber eigentlich ist es einfach nur mein Grundantrieb morgens aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Und um noch eins oben drauf zu setzen: Wenn ich nicht die Illusion hätte, dass ich jeden Tag meinen Teil dazu beitragen kann, die Welt ein Stückchen besser zu machen, würde mir der Sinn in meiner Arbeit fehlen.
LvU: Sinn, schönes Stichwort und gerade sehr viel diskutiert im Zusammenhang mit organisationaler Fitness …?
CG: Systemtheoretisch gesehen brauchen Organisationen keinen Sinn, um zu überleben. Ihr Sinn ist vielmehr der zu überleben. Punkt. Und der Erfolg vieler, in meinen Augen sinnloser Unternehmen, zeigt das. Wie viele erfolgreiche Organisationen gibt es, deren Mitarbeitende mit wenig Freude täglich zur Arbeit kommen? Ich finde aber, es macht viel mehr Freude ein Bild von erfolgreichen Organisationen zeichnen, die gleichzeitig zu Ihrem Schaffen etwas Nützliches für unsere Welt leisten, indem sie zumindest ein Arbeitsumfeld herstellen, in dem Menschen gerne arbeiten.
LvU: Interessant! Wenn Du sagst, Sinn ist Quatsch aus systemtheoretischer Sicht, dann kommt es bei mir so an, als wären die aktuelle Sinnsuche der Menschen in Organisationen und die Systemtheorie nicht miteinander vereinbar…
CG: Es entspricht dem aktuellen Zeitgeist, dass sich Menschen fragen: Wo macht es mehr Sinn für mich zu arbeiten – in Organisation x oder y? Heute sind viele in der Lage ihren Arbeitsplatz zu wählen. Sie hinterfragen, wie attraktiv ist diese Arbeit für mich und soll ich da wirklich meinen Beitrag leisten. Und so kommt der Sinn dann doch wieder ins Fadenkreuz der Unternehmensstrategie. Unternehmen müssen so gesehen zum Sinnlieferanten werden, um sich als attraktiver Arbeitgeber am Arbeitsmarkt zu positionieren. War das Dein Punkt?
LvU: Ein Teil! Weiter habe ich mich, während ich Dir zuhöre, gefragt, wie für Dich selbst diese beiden Dinge vereinbar sind? Sie kamen mir wie zwei Pole vor – der sinnsuchende und der systemtheoretisch reflektierte Teil in Dir?
CG: Deswegen bin ich auch nicht Missionarin geworden. Ich habe nicht das Anliegen, irgendjemanden zu bekehren. Ich bin keine Freundin von Selbstzwecken. Maßnahmen sollten einem Ziel folgen, das die Organisation verfolgt. Zwecke und Mittel werden häufig vermischt oder verwechselt: Bei einer Organisation, die nicht weiß, wie sie ihre Steuern noch senken soll und aus lauter Überfluss in „New Work Places“ investiert … Häufig sind erst die Mittel da und dann wird nach Zwecken gesucht. Verkauft wird es dann in der Regel umgekehrt.
LvU: Ist nicht auch ein weiterer Appell von LEA der des Anpackens und Umsetzens?
CG: Zumindest nicht der des Aussitzens. Klar, man lernt eine Organisation kennen und hat tausend Ideen, was sie alles machen müssten, um ihre Ziele zu erreichen. Die Kunst ist dann aber, sich zu zügeln und genau hinzuschauen, welches Tempo hat die Organisation, welches Anliegen haben die Kunden und welche Mittel stehen überhaupt bereit. Das Schlüsselwort lautet hier Anschlussfähigkeit. Dann trägt man eben aus einem großen Steinbruch wohlmöglich nur kleine Sandkörner ab. Und kleine Veränderungen können in komplexen Systemen, wie Organisationen es sind, große Wirkung haben.
LvU: Das trifft es, wie ich LEA erlebe und schätzen gelernt habe: Hier arbeiten Typen, die sehr erfahren und realitätsnah sind. Sie laufen nicht einer staatstragenden Mission nach. Stattdessen ist es wichtig, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen und zu fragen: Was heißt für den Kunden „besser zu werden“?
CG: Genau, wir sind keine Tagträumer, die sich in ihren Gedanken von einer besseren Welt verlieren. Wir sind auch nicht politisch oder non-profit-mäßig unterwegs, um unsere Mission in der Welt zu verbreiten. Ich höre von unseren Kunden, dass man LEA besonders dafür schätzt, dass unsere Arbeit nachvollziehbar ist und wir sehr klar sind. Wir hüllen unsere Kunden nicht in Wolken und bewerfen sie auch nicht mit Wattebäuschen. Eher im Gegenteil. Das muss man auch aushalten können, wenn man mit uns arbeitet.
LvU: Woran erkennen Kunden einen LEA Berater?
CG: Ich denke, unsere Kunden spüren, dass wir sie ernst nehmen und Freude an unserem Tun haben. Wir machen das freiwillig. Wir verlieren uns nicht in riesigen Beratungsapparaten mit Pseudo-Schulterklappen – Junior, Senior, Director … – wo für den Kunden völlig undurchsichtig ist, von wem er eigentlich wie etwas bekommt. Der Kunde bekommt ein, zwei Ansprechpartner, die ihn in seinem Anliegen begleiten. Bei LEA geht es stark um die persönliche Beziehung zu unseren Kunden und uns ist wichtig, dass diese von uns professionell mitgestaltet wird. Wir ziehen uns nicht auf die fachlichen Inhalte in der Beratung zurück, wenn sie natürlich auch wichtig sind.
LvU: Was Du gerade beschrieben hast: Pseudo-Schulterklappen, aktive Beziehungsgestaltung über die Inhalte hinaus – das ist auf keinen Fall ein standardmäßiges oder schablonenhaftes Vorgehen. Was heißt das nun für die Trendthemen wie New Work, Digital Transformation …?
CG: Die Themen sind für uns alltäglich. Aus meiner Sicht ist LEAs besondere Stärke, dass wir aufgrund unserer Erfahrung ein Vorgehen passgenau für unsere Kunden entwickeln können und uns nicht auf einzelne Methoden zurückziehen. Denn wer nur einen Hammer hat sieht überall auch nur Nägel … Hier fällt mir ein Gespräch mit einer ehemaligen Kollegin ein, die einen Workshop-Leitfaden sah und mich fragte, welche Methode das denn sei, woher ich sie habe und wo sie diese nachlesen könne. Überrascht sah sie mich an, als ich ihr erklärte, dass ich mir diese ausgedacht hatte für diesen speziellen Kunden – für genau diesen Effekt, den wir in diesem speziellen Kontext bewirken wollten. Natürlich holen wir uns Anregungen und bilden uns ständig weiter. Aus meiner Sicht ist dann aber die Kunst, etwas Eigenes daraus zu machen.
LvU: „Become A Better Organization“ hat auch viel mit organisationalem Lernen zu tun: Wie funktioniert das überhaupt aus system- bzw. organisationstheoretischer Sicht?
CG: Der Systemiker geht davon aus, dass der Status quo erklärungsbedürftig ist, oder anders: Es gibt keine Statik ohne Dynamik dahinter. Die spannende Frage ist immer: Wie machen sich Organisationen ihre Probleme und halten diese aufrecht? Und wie könnten sie Lösungen generieren? Organisationen als soziale Systeme bestehen aus Kommunikation, genauer: aus Entscheidungen. Deshalb muss sich der Blick auf die Muster richten, die bestimmte Entscheidungen wahrscheinlicher machen als andere. Eine Organisation lernt, indem sie ihre Muster verändert und dadurch zu anderen Entscheidungen kommt, die dann zu Musteränderungen führen, die wieder andere Entscheidungen möglich machen usw. Das ist ein zirkulärer Prozess.
LvU: Fällt Dir ein Projekt ein, wo Du sagst, das ist ein Paradebeispiel für „Become A Better Organization“?
CG: Ich denke ungern in Superlativen und halte im Übrigen auch nichts von sogenannten Best Practises, denn jede Organisation ist anders und muss ihren eigenen Weg finden und gehen. Neulich hatte ich allerdings ein interessantes Gespräch mit einem Personalleiter, der neu in eine Organisation kam, die wir vor zwei Jahren beraten haben und der sich Dokumentationen von damals anschaute. Er konnte sich gar nicht mehr vorstellen, dass die dort beschriebenen Probleme jemals da gewesen sein sollen. Das war interessant zu hören. Die Organisation hatte im Rahmen unseres Projekts neue Kommunikationswege eingeführt, Führungsstrukturen verändert, Rollen geklärt und Zuständigkeiten definiert. Scheinbar konnten die Menschen folglich anders miteinander arbeiten und haben sich nicht mehr die Köpfe eingeschlagen.