Organisationen müssen Sicherheit in extremer Unsicherheit liefern. Daran führt gar kein Weg vorbei: Ein toller neuer Sportwagen darf nicht nur die Hälfte der Zeit anspringen; ein professionelles Coaching wird nicht angenommen, wenn wir es mit „die Methode klappt ab und an mal ganz gut“ bewerben und auch unsere Kolleg:innen wollen letztendlich Verbindlichkeit und keine „Mach-ichs-heut-nicht-mach-ichs-morgen“-Mentalität.
Trotz all dieser Wünsche nach Sicherheit leben wir aber in einer (Arbeits-) Welt ohne Garantien. Gut, in den allermeisten Fällen ist es nicht ein unzuverlässiges Auto, das uns den Arbeitsalltag schwer macht, aber Ungewissheit ist omnipräsent: in der Komplexität von Transformationsprozessen, in neuen Projekten, bei denen jegliche Erfahrungswerte fehlen oder auch, wenn wir es nicht schaffen, die Zwischentöne von Kunden oder Kolleg:innen „richtig“ zu deuten.
Und genau da fängt eigentlich auch die Gefährlichkeit der Ungewissheit an. Wenn wir vor lauter Sicherheit, die wir haben und geben wollen, denken, es könnte ein „Richtig“ geben. Herbert Schober-Ehmer hat diese Gefahr im LEA-Podcast „Wie können Organisationen einen guten Umgang mit Ungewissheit finden?“ wie folgt kommentiert: „Wer mit Gewissheit agiert, der agiert mit Scheuklappen“.
Ein anschauliches Beispiel dafür, zaubert er nicht etwa aus über 45 Jahren Beratungserfahrung oder seinem Engagement im Begründen der Wiener Schule der Organisationsentwicklung hervor, sondern aus dem Bergsteigen: Wenn der Wetterbericht optimale Verhältnisse vorhersagt und trotzdem Regenwolken am Himmel stehen, dann gibt es nur einen Weg, um nicht nass zu werden – nämlich die Scheuklappen abzunehmen. Und das funktioniert nur, wenn wir bereit sind, uns auf die unangenehme Ungewissheit einzulassen. Oder um bei der Bergsteig-Metapher zu bleiben: nicht einem Sicherheits-Trugbild aufliegen, nur weil wir uns am ach-so-eindeutigen Wetterbericht festhalten möchten.
Zu realisieren, dass es Akzeptanz von Ungewissheit braucht und diese Akzeptanz auch wirklich zu leben, sind aber immer noch eine steile Berg-Etappe voneinander entfernt. Und wie so oft im Bergsteigen, wie auch im Arbeitsleben und sonst eigentlich auch überall, können viele Wege da zum Ziel führen.
Für manche ist Achtsamkeit der Schlüssel, also voll und ganz im Moment gegenwärtig zu sein. Diese Fähigkeit kann beispielsweise dabei unterstützen, veraltete Annahmen und Erfahrungswerte loszulassen und sich auf das zu fokussieren, was wirklich aktuell wichtig ist. Zusätzlich können Achtsamkeitspraktiken dabei helfen, mehr Zeit zwischen negative Ungewissheits-Gefühle und unsere Reaktionen zu bringen. Mit diesem Mehr an Zeit erhöhen wir wiederum unseren Spielraum, auch mehr und besser zu beobachten und folglich mehr kritische Hinweise wie dunkle Gewitterwolken zu sehen.
Für andere ist das Arbeitsumfeld ein wichtiger Faktor beim Umgang mit Ungewissheit: Sei es, um Nicht-Wissen mit dem Expertenwissen von Kolleg:innen auszugleichen oder sich auch gegenseitig immer wieder daran zu erinnern, keinem Sicherheits-Trugbild aufzuliegen. Denn bei allem Experten- und Erfahrungswissen, das wir ansammeln können und bei allen Analysen, die wir durchführen möchten, bleibt Ungewissheit eben letztendlich doch Ungewissheit – keinerlei Bemühungen werden uns letztendlich eine Vorhersage wie eine „Wahrsagung“ ermöglichen. Und vielleicht kann das sogar ab und an ein beruhigender Gedanke sein.
Wer mehr darüber erfahren möchte, wie man nicht nur persönlich mit Ungewissheit umgehen kann, sondern das gesamte Teams und letztendlich Organisationen dazu fähig werden, der wird in der Podcast-Folge noch einige Impulse mehr finden: zum Beispiel zu Entscheidungsprämissen-Meetings, dem Vermeiden von „Unsicherheits-Absorption“ und was passiert, wenn wir vor lauter Ungewissheit am liebsten gar nicht mehr Entscheiden wollen.
Und wer in seinem Unternehmen gute Bearbeitungsformate für Unsicherheit etablieren möchte, meldet sich gerne bei uns mit einer Anfrage.