Welchen Unterschied macht der Konstruktivismus für die Gestaltung von Organisationen? (mit Christina Grubendorfer und Prof. Dr. Fritz B. Simon)

Der Konstruktivismus stellt alltägliche Vorannahmen in Frage. Und ermöglicht eigene Weltbilder und die anderer auf den Prüfstand zu stellen und so auch eigene Entscheidungen in Frage zu stellen. Man konstruiert sich also Weltbilder und könnte gleichzeitig auch ein anderes Weltbild konstruieren. Was hat es mit dieser Sichtweise im Hinblick auf Organisationen und die Organisationsberatung auf sich?

Über Fritz B. Simon: Studium der Soziologie und Medizin, Psychoanalytiker und Systemtherapeut, Habilitation für Psychosomatik und Psychotherapie an der Universität Heidelberg, Geschäftsführender Gesellschafter des Carl-Auer-Verlags, [Gründungs-] Professor für Führung und Organisation am Wittener Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke.

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Für Eilige: Einige Insights aus dem Podcast.

Es macht einen Unterschied, Konstruktivismus bei der systemischen Organisationsberatung mitzudenken.

Der Konstruktivismus stellt alltägliche Vorannahmen in Frage. Und ermöglicht eigene Weltbilder und die anderer auf den Prüfstand zu stellen und so auch eigene Entscheidungen in Frage zu stellen. Man konstruiert sich also Weltbilder und könnte gleichzeitig auch ein anderes Weltbild konstruieren. Wichtig dabei ist: Passt das Weltbild zur Welt in der man ist? Für Organisationen ist das eine zentrale Frage: Stimmen die Vorannahmen noch, mit denen man unterwegs ist und auf deren Grundlage man Entscheidungen trifft?

„A map is not a territory.”

Jeder Mensch braucht ein Weltbild, um sein Handeln daran orientieren zu können. Dies ist die Landkarte zur Landschaft. Die Landkarte ist abhängig von den zu erreichenden Zielen. Es gibt also nicht die eine richtige Karte, sondern wir müssen uns je nach Zweck Weltbilder erschaffen. Bei der Abbildung wird immer etwas weggelassen, was nicht relevant für den Zusammenhang erscheint. Wichtig ist, was man in relevanten Zusammenhängen ungestraft wegdenken kann.

Es geht nicht um Objektivität

Jeder in der Praxis weiß, dass eine objektive Methode nicht gibt. Es gibt auch keine einzig richtige Methode. Aber man kann sich auf wissenschaftliche Methoden einigen, um ein gemeinsames Bild, eine gemeinsame Landkarte zu erschaffen. Dies wäre das Ergebnis eines konsensualen Validierungsprozesses unterschiedlicher Beobachter*innen.

Wie kommt die Systemtheorie ins Spiel?

Im Rahmen der systemischen Familientherapie hat der Fokus auf Regeln eines Interaktionssystems hat die Komplexität reduziert. Nicht einzelne Psychen wurden betrachtet, sondern Beobachtbares lässt sich auswerten. Interventionen finden dann in das Interaktionsmuster statt. Ausgeklammert wurden zu Beginn zunächst die psychische und individuelle Bedeutungsumgebung. Durch den Konstruktivismus wurde die Bedeutungsgebung Einzelner wieder stärker in den Fokus gestellt und zeigte auf, wie unterschiedlich das Erleben Einzelner ist.

„Organisationen müssen länger leben können als ihre Mitarbeiter“

Verhalten erklärt sich durch die Teilnahme an einem Spiel/an bestimmten organisationalen Regeln. Organisationen lassen sich daher nicht darüber erklären, was der Einzelne macht. Sondern darüber, wie ihre Regeln, ihre Kommunikation ist. Organisationen funktionieren, weil jeder ersetzbar und austauschbar ist. Wenn diese Möglichkeit verhindert wird, überlebt die Organisation nicht.

Eine vom Beobachter unabhängige Realität gibt es nicht.

Was ist damit gewonnen, so drauf zu schauen? Man nutzt den Möglichkeitssinn. Wenn das Weltbild Möglichkeiten hat, dann kann das beflügeln. Die Frage lautet Welche Wirkungen erziele ich mit meinem Weltbild? Jede Konstruktion ist eine Intervention – die kann nützlich und weniger nützlich sein. Diese Wirkung muss reflektiert werden. In der Systemischen Organisationsberatung ist es wichtig, solche unterschiedlichen Blickweisen zur Verfügung zu stellen.

Zentrale Werkzeuge des Systemischen Beratens

Hypothetische Fragen konstruieren andere Wirklichkeiten und eröffnen Handlungsräume und lässt zu, Handlungsalternativen durchzuspielen. Der Möglichkeitssinn muss genutzt werden.

Alle Beobachtung beruht auf doppelten Unterscheidungen. Phänomen und Benamung des Phänomens (oder auch: Landschaft und Landkarte): Der Name ist nicht das Benannte. Berater schauen, welche Worte mit welchen Phänomenen gekoppelt sind. Das Prinzip ist immer die Konkretisierung abstrakter Begriffe mit Blick auf das, was sie beschreiben. Die Kopplung mit dem Phänomenalen ist Teil der Aufgabe in der Beratung. Man muss die Dinge auf beobachtbare Ebene übersetzen um Basis für gemeinsame Weiterarbeit zu finden und die mehreren zugänglich sind.

Trennung von Beschreibung – Erklärung  –  Bewertung. Was beschreibe ich, wie erkläre ich das und wie bewerte ich das?

#becomebetter