„Führung ist ein diffuses soziales Geschehen, das schwer zu organisieren ist – ein Grenzmoment“ das sagt Judith Muster zur Gestaltung von Führung. Wie Führung sich in der Organisation entwickeln lässt, ob Führungskräfte-Entwicklung oder doch besser Organisationsentwicklung das Mittel der Wahl dazu ist, darum geht es in dieser Episode des LEA-Podcast.
Judith Muster (geboren 1979) hat an der Universität Potsdam und an der Universität Hamburg Soziologie und Psychologie studiert und sich bereits im ersten Semester auf die Systemtheorie fokussiert. Nachdem Judith sich lange Zeit mit der allgemeinen Gesellschaftstheorie von Luhmann beschäftigt hat, befasste sie sich im späteren Studium auch mit der systemtheoretischen Organisationstheorie. Bereits während ihres Studiums hat sie ihren Vater als Beraterin in seiner Organisationsberatung unterstützt und so die Beratungspraxis frühzeitig kennengelernt. Seit 2011 arbeitet Judith bei Metaplan, heute als Partnerin. Sie berät zu Reorganisationen, Strategieentwicklung und Projektführung und das sehr gern in großen Konzernen. Sie kombiniert die Beratungspraxis mit einem starken theoretischen Standbein an der Universität Potsdam. Dort lehrt, forscht und publiziert sie unter anderem zu postbürokratischen Organisationsmodellen und datengestütztem Entscheiden.
Weiterlesen und Hören:
Hier geht es zu den Publikationen von Dr. Judith Muster: https://www.uni-potsdam.de/de/ls-apelt/team/judith-muster-dipl-soz/veroeffentlichungen
Metaplan kann man hier besuchen: www.metaplan.de
Und im Podcast von Metaplan diskutieren erfahrene Metaplan-Experten mit Führungspersönlichkeiten aus spannenden Unternehmen. Anhand ganz konkreter Fallbeispiele aus der Praxis wird diskutiert, wie man Organisationen besser verstehen, gestalten und führen kann: https://podcasts.apple.com/de/podcast/gespr%C3%A4che-zum-diskursiven-management/id1435791157
Für Eilige: Einige Insights aus dem Podcast.
Was ist in Organisationen als Führung zu beobachten?
Gerade jetzt, in Pandemie-Zeiten hat sich nochmal herauskristallisiert, welchen Herausforderungen sich Unternehmen stellen müssen: „Zu Beginn der Pandemie war eine Renaissance der Hierarchie zu beobachten. Gerade in kritischen Situationen versuchen Organisationen sich wieder zu stabilisieren. Entweder durch Abtasten der Umwelt auf hilfreiche Lösungen oder, wenn man diese nicht findet, dadurch sich der eigenen Hebel zu bedienen, um zu schnellen Entscheidungen zu kommen – das ist die Hierarchie. Man wünschte sich Sicherheit und klare Ansagen.“ Ein nachvollziehbares Geschehen, doch gleichzeitig: „Manches ist im Panik-Modus passiert: Innovationsprogramme wurden reflexartig eingestellt, dabei waren Organisationen so innovativ wie noch nie. (…) Die Reaktion auf die Krise ist die Sicherungstendenz – zu Lasten der Perspektive. Dabei wäre gerade jetzt Neues zu entwickeln hilfreich.“
Wann findet Führung statt?
„Führung ist erfolgreiche Einflussnahme in kritischen Momenten: Der Prozess von Führung nimmt seinen Anfang in kritischen Situationen. Diesen Moment braucht es, damit Führung stattfinden kann. Dazu braucht es jemanden, der einen Führungsanspruch erhebt und Führungsmittel mobilisiert. Wenn dann Gefolgschaft stattfindet, hat Führung stattgefunden. Wenn dies nicht erfolgt, war es nur ein Impuls. Wichtig ist: Ob gefolgt wird, entscheiden die anderen.“
„Führung ist der soziale Prozess, der führend wirkt. Dieser könnte auch losgelöst sein von Personen und auch auf Prozesse und Strukturen schauen, die auf Entscheidungen wirken.“
Wie steht es um die Führungspersonen?
„Bei Führungspersonen entsteht Überforderung durch unterkomplexe Idee von Organisationen. Das System verhindert und fördert Führungsmöglichkeiten qua Struktur. Die Frage ist: Erkennt man die richtigen Führungssituationen? Das lässt sich in Organisationen hinein organisieren und bedeutet Arbeit an Strukturen der Organisation.“
„Führung ist Arbeit an der Organisation, nicht nur innerhalb des Systems. Die Kraft von Führung liegt darin, dass sich Peers zusammen schließen, um über die Zukunft der Organisation nachzudenken. Ein Superskill für Führungskräfte ist es, kluge Organisationen zu gestalten. Diese formal-strukturellen Hebel gilt es zu nutzen.“
Und was hat Führung eigentlich mit Entscheidungen zu tun?
„Führung führt zu Entscheidung aber nicht jede Entscheidung ist Führung. Die allermeisten Entscheidungen haben nichts mit Führung zu tun.“
„Im Kern von Führung geht es um Entscheidungen. Führungskräfte müssen Entscheidungen herbeiführen oder mittragen.“
#becomebetter